Der Atem – Dein bester Freund

Diesen Satz prägte der bekannte „Atemdoktor“ – Dr. Ludwig Schmidt, der Lehrer meiner Atemlehrerin Herta Richter. In meiner Ausbildung bei Herta Richter im Atemhaus ging es darum, dass wir unseren eigenen Atem kennen lernen und darüber uns selbst erkennen. Das ist letztlich die Basis der körperorientierten Psychotherapie.

Heute möchte ich einige ganz praktische Sichtweisen auf die Atmung und Übungen mitgeben, um den Atem wirklich als besten Freund im Alltag zu nutzen.

Was passiert wenn wir einatmen du wenn wir ausatmen?

Die Einatmung stimuliert den Sympathikus. Dieser Nerv des autonomen Nervensystems ist zuständig für körperliche und geistige Leistung und wird in Notfallsituationen aktiviert. Wenn der Sympathikus aktiviert ist, dann steigt die Herz- und Atemfrequenz, der Blutdruck und die Skelettmuskulatur wird angespannt und gut durchblutet. Der Sympathikus macht mich aktiv, fördert meine Konzentration und meinen Drang etwas zu unternehmen.

Dieses Wissen kann ich auch nutzen: Wenn ich Energie brauche, dann kann ich durch tiefes Einatmen meinen Sympathikus anregen. Also: alle schwungvollen Bewegungen oder Dehnungen machen mich weit, schaffen Raum und locken damit den Einatem. Und das bringt dann auch mehr Energie.

Die Ausatmung hingegen stimuliert den Parasympathikus. Das ist der Gegenspieler des Sympathikus und er ist verantwortlich für Aufbau und Regeneration des Gewebes, er ist für Entspannung, Ruhe und Regeneration zuständig. Übungen, bei denen die Aufmerksamkeit auf das Ausatmen gelenkt ist, bei denen der Ausatem verlängert wird, stimulieren den Parasympathikus.

Atmen

Dieses Wissen können wir natürlich auch bewusst einsetzen. Wobei wir in der Atemtherapie wie ich sie lernte nicht in erster Linie Atemübungen und Pranaymas einsetzen, wie sie aus dem Yoga und anderen Techniken bekannt sind. Wir sind nicht diejenigen, die den Atem führen, sondern wir lassen uns von unserem Atem nach innen leiten. Dennoch sind auch diese geführten Übungen Hilfen, um zu sich zu finden, auf den eigenen Atem zu hören. Sie können helfen, überhaupt erst einmal wahr zu nehmen, wie mein eigener Atemrhythmus geht. Wie geht meine Atmung in verschiedenen Situationen? Es ist schon eine Kunst, den eigenen Atem wahr zu nehmen, da wir ganz schnell denken: So soll der Atem sein und uns vergleichen und anstrengen, dieses Ziel zu erreichen. Darum geht es aber nicht. Die intensivste Atemübung ist die, in der die Atembewegung frei gelassen und zugelassen wird und unser Atem uns zu dem führt, wie wir gemeint sind. Das braucht Anleitung und Begleitung und erfordert ein bisschen Zeit – und möglichst regelmäßige Übung.

Es gibt aber Übungsideen, die man für sich in den Alltag integrieren kann und dann einfach mal 30 Tage täglich diese Übung wiederholt und schaut, was es mit einem macht. Allein schon die Aufmerksamkeit regelmäßig auf meine Atmung zu lenken, ist hilfreich.

Hier die Übungsideen:

  • Bei Stress, Angst und Panik: Langsam 5 Sekunden einatmen, 5 Sekunden halten und wieder 5 Sekunden ausatmen und wieder langsam einatmen. Diese Übung konzentriert Dich auf den Atem und beruhigt. Es ist hilfreich sie öfters im Alltag auszuführen, sei es beim Warten an der Kasse, an der Ampel und immer, wenn sich Stress meldet.
  • Zur Entspannung: Augen schließen und bewusst ein und aus atmen. Sich vorstellen, wie mit jedem Atemzug alle Sorgen, Kummer, Ängste und Stress den Körper verlassen. Sich vorstellen wie mit dem Einatmen Sauerstoff und frische Energie den Körper erfüllen. Diese Übung kann immer wieder im Alltag ausgeführt werden.
  • Dehnen, räkeln, gähnen – das wirkt wie eine erfrischende Dusche auf unser gesamtes Körpersystem und das sollte kultiviert werden. Schon am morgen im Bett damit beginnen, den Körper langsam zu bewegen und wach werden zu lassen. Aber auch zwischendurch, besonders bei sitzenden Tätigkeiten ist es gut, sich immer wieder mal zu dehnen und zu räkeln. Bei Katzen kann man das gut abschauen.
  • Lachen: Witze, Kabarett, lustige Filme, Lach-Yoga – alles dies trägt dazu bei, dass sich das Zwerchfell lockert und wir tief atmen. Lachen stärkt Körper und Psyche und trägt zur Heilung bei. Jeden Tag etwas suchen, worüber man lachen kann, ist enorm entspannend und stärkend.
  • Körper klopfen: Diese Übung weckt einen tiefen Atem, macht wach, frisch und lebendig. Kann immer wieder mal zwischendurch gemacht werden. Wie geht es: Arme klopfen, innen, Hände, außen, Schulterbereich klopfen, Bauch im Uhrzeigersinn abklopfen, Po, die Beine…

Grundsätzlich ist es sehr wichtig, möglichst immer durch die Nase ein- und auszuatmen, außer bei körperlicher Leistung. Die Nasenatmung erwärmt und befeuchtet die Luft und sorgt mit den Verwirbelungen durch die Nasengänge und Nasenseiten für eine gute Belüftung der Lungen und einen Ausgleich im Nervensystem.

Viel Spaß beim Üben. Ich freue mich über Rückmeldungen zu Deinen Erfahrungen.