Ein Artikel unserer Gastautorin Verena Conzett, Life-Coach und Lebensbegleiterin
Und hier noch ein Film mit Verena Conzett und Erika Rau nach dem letzten Seminar.
Gedanken haben nachweislich Einfluss auf unsere Gefühle. Gefühle wiederum bewirken unsere Stimmung und unser Befinden. Und das hat eine Auswirkung auf unsere Lebensgestaltung. Je nachdem, wie wir denken und fühlen, d.h. auch wie wir urteilen über Situationen und Menschen, so gehen wir mit unseren Mitmenschen um, so machen wir unsere Arbeit, so gehen wir mit uns selbst um, so leben wir unser Leben.
«Ich denke, also bin ich» (René Descartes)
Was geschieht, wenn Sie abends schlafen gehen? Sobald Sie in den Schlaf fallen, hört das Denken auf. Wo sind Sie dann? Im Moment des Schlafens sind Sie «weg». Das Denken ist weg – Sie sind weg. Was geschieht als Erstes, wenn Sie am Morgen aufwachen? Die Denkmaschine geht an. «Was ist heute für ein Tag?», «Ich muss aufstehen.», «Ich bin noch so müde.», «Was habe ich geträumt?.», «Hurra, heute ist Sonntag.»
«Ich denke, also bin ich.» Ich sehe darin selbst eine ganze Welt verborgen. Und zwar: Ist es nicht so, dass wenn ich erfreuliche Gedanken habe, ich mich freue und wenn ich traurige Gedanken habe, ich traurig bin? Habe ich ängstliche Gedanken, habe ich Angst. Und wenn ich frustrierende Gedanken habe, bin ich frustriert. Je nach Art meiner Gedanken («ich denke»), fühle ich mich, BIN ich («also bin ich»).
Bin ich der Denker?
Des Weiteren will ich Sie fragen, wer ist denn Derjenige, der denkt? «Ich denke» hört sich so an, als ob ich es bewusst und aktiv tun würde. Doch ist das Ihrer Erfahrung nach so? Sind Sie derjenige, der bewusst und aktiv denkt? Oder müsste man fast sagen: «es denkt» in mir. Gedanken steigen auf. Und wenn sie einmal da sind, lassen sie uns des Öfteren nicht mehr los. Sie bestimmen das Erleben des Moments, in dem wir uns befinden. Sie bestimmen den Tag, den wir leben. Sie bestimmen, wie wir mit unserer Umgebung umgehen. Sie bestimmen unser Gefühl für uns selber.
Jetzt sagen Sie sicher: «Ja, ja, Frau Conzett, das stimmt ja alles. Nur, wie kann ich auf meine Gedanken und Gefühle Einfluss nehmen?»
Dann frage ich Sie: «Wollen Sie Einfluss nehmen auf Ihre Gedanken und Gefühle? Wozu?»
Sie: «Damit ich mich zufriedener fühle.»
Ich: «Sind Sie nicht zufrieden?»
Sie: «NEIN!»
Aha, da haben wir es. Sie sind nicht zufrieden. Und Sie wollen gerne zufrieden sein. Zufrieden sein für mich heisst «in Frieden sein».
In Frieden sein – wie komme ich dahin?
Es gibt eine Methode, um sich mit den eigenen Gedanken (mit seinem Verstand) auf eine ganz besondere Art in Verbindung zu setzen. Sie heisst «The Work» von Byron Katie. Dabei geht es um eine bestimmte Art und Weise der Selbstbefragung. Man widmet sich einem bestimmten Thema, das man anschauen möchte, und stellt ganz gezielt vier Fragen. Dabei versinkt man in Meditation und lässt die Fragen auf sich wirken. Die Fragen wirken nicht auf der Verstandesebene. Sie werden eine Ebene tiefer geschickt, zur uns innewohnenden Weisheit.
In aller Kürze «die vier Fragen»:
- Ist es wahr? (Ja, oder nein)
- Kannst Du mit absoluter Sicherheit wissen, dass es wahr ist? (Ja oder nein)
- Wie reagierst Du, was passiert, wenn Du diesen Gedanken glaubst?
- Wer wärst Du ohne den Gedanken?
Sie wollen also ein unangenehmes Gefühl nicht mehr haben? Dann ist die Lösung nicht: dann machen Sie doch «The Work» und danach sind Sie befreit von Ihrer Last. Die Antwort ist viel mehr: lassen Sie sich ein auf ihren Schmerz. Begegnen Sie – gehalten und geleitet durch die vier Fragen – ihrem Unwohlsein. Der Weg ist in erster Linie mitten hinein in genau das, was man so gerne weg hätte. Wer “The Work” ein wenig kennt, der versteht, dass der Schmerz eine Funktion hat und dass es Irrsinn ist, diesen weghaben zu wollen. Es geht viel mehr um die Neugierde nach dem Leiden und was es uns erzählen will. Ich sage Ihnen: Probleme, Tragödien, Konflikte, Depressionen, Traumata, Ärgernisse, aussichtslose Situationen sind der Schlüssel zum Glück. Das geschieht ganz ohne, dass wir Glück als Resultat haben wollen oder darauf aus sind. Es resultiert einfach ganz von allein.
Insofern ist der Antrieb, mittels «The Work» die Selbstbefragung zu starten, grosse Neugierde auf das, was mich schmerzt, auf das Ungeliebte, und viel weniger der Wunsch, das Unangenehme einfach weghaben zu wollen. Ja, das ist neu. Ich verstehe, dass das im ersten Moment etwas sonderbar anmutet. Doch, vertrauen Sie mir: Diese Arbeit hat eine ungeheure Kraft.
In «The Work» finden wir Halt in einem deutlichen Leitfaden, wie wir dem Schmerz, dem Unmut, dem Konflikt begegnen können. «The Work» besteht aus vier Fragen und den sogenannten Umkehrungen. Lassen Sie sich auf «die vier Fragen» ein und beginnen Sie die Reise zum Unangenehmen, zum Unerwünschten, zu all den inneren Themen, die Sie nicht mögen. Es ist, wie wenn man sich mit dem Schlamm auseinandersetzen muss, um die Lotusblüte entdecken zu können.
Und denken Sie daran: «The Work» ist Meditation! Es hat nichts mit Gedankenakrobatik zu tun und auch nicht mit sich selber von etwas überzeugen zu wollen. Es ist tiefe Meditation, die Sie zu einer Quelle führt, die immerzu in Ihnen schlummert.
Lassen Sie mir Ihnen den Selbstbefragungsprozess («The Work») an einem konkreten Beispiel näher bringen.
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Praxisbeispiel: Selbstbefragung mittels «The Work» – Wie ein Golfspieler zum Wohltäter wird
Ich hatte einmal eine Klientin. Sie litt darunter, dass ihr Partner jeden Sonntag zum Golfspielen ging. Schon über 10 Jahre war sie mit diesem Mann zusammen und seit jeher spielte er an Sonntagen Golf. Der Gedanke, der ihr Leid ausdrückte war: «Er schenkt Golf mehr Aufmerksamkeit als mir.»
Sie schloss die Augen. Sie atmete tief ein und aus und war ganz im Moment eines solchen, typischen Sonntags, wenn er das Haus verliess. Sie sah ihn, wie er die Golfkleidung anzog – die sie gewaschen und gefaltet hatte –, seine Golfsachen zusammensuchte und wie er dann Abschied nahm und ihr einen schönen Tag wünschte.
«Er schenkt Golf mehr Aufmerksamkeit als Dir» – ist das wahr? (Frage 1)
Sie begann sofort zu weinen. Es tat so weh. Ich liess ihr Zeit. Es war still. Als sie sich beruhigt hatte, fragte ich erneut: «Ist es wahr, dass er Golf mehr Aufmerksamkeit schenkt als Dir?»
Sie liess die Frage in sich hinein fallen. Sie liess sie auf sich wirken. Die Augen waren geschlossen. Dann sagte sie mit zarter Stimme: «ja.»
«Er schenkt Golf mehr Aufmerksamkeit als Dir» – kannst Du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist? (Frage 2)
Erneut wurde es still. Die Klientin war in eine Art Trance versunken. Sie hörte die Frage, doch der Verstand war nicht mehr mit der Antwort beschäftigt. Die Frage rutschte ein paar Ebenen tiefer. Und die Antwort stieg in ihr auf: «nein.»
Ich fragte sie, woher das Nein kam. Sie meinte rhetorisch: «Wie kann ich es wissen?! Ist das überhaupt möglich?!»
«Wie reagierst Du, was passiert, wenn Du glaubst, dass er Golf mehr Aufmerksamkeit schenkt als Dir?» (Frage 3)
Ich bat sie, sich selber zuzuschauen an so einem Sonntag und zu beschreiben, was es mit ihr macht. Sie brauchte die Antworten nicht zu erfinden. Es genügte, hinzuschauen. Und sie sagte: «Mein Herz krampft sich zusammen. Ich kann meinem Mann nicht in die Augen sehen. In mir drin ist es hart wie Stein. Mein Gesicht ist ebenfalls wie versteinert. Ich probiere mich zu beschäftigen, bis er weg ist. Ihm gegenüber bin ich kurz und kühl. Wenn er mir zum Abschied einen Kuss geben will, halte ich nur die Wange hin. Sobald er aus der Tür ist, schliesse ich diese sofort hinter ihm. Meine Hände zittern, mein Kopf dreht sich.»
Ich fragte sie: «Wie behandelst Du Deinen Partner in jenem Moment?»
Sie antwortete: «Wie einen Sträfling. Wie jemanden, der mir etwas antut. Wie jemanden, der sich schämen müsste. Ich bestrafe ihn auch tatsächlich durch mein Verhalten.»
«Und wie behandelst Du Dich selber in jenem Moment?»
Sie schloss die Augen und ging innerlich zurück zur Situation. Sie beobachtete sich und beschrieb: «Wie einen geschlagenen Hund. Ich behandle mich wie ein Opfer. Ich fühle mich abhängig von ihm, von seiner Gegenwart, von seinem Fokus auf mich. Ich fühle mich ohne ihn nichts wert, als würde ich ohne ihn nicht lebensfähig sein. Ich behandle mich, als wäre ich ein kleines, schutzloses Kind, nicht in der Lage für sich selber zu sorgen.»
«Wer wärst Du im selben Augenblick, ohne den Gedanken, dass er Golf mehr Aufmerksamkeit schenkt als Dir?» (Frage 4)
Ich sagte: «Stell Dir vor, Du wärst frei von dieser Überzeugung, dass, wenn Dein Partner zum Golf fährt, er damit dem Golf mehr Aufmerksamkeit schenkt als Dir. Was, wenn Du diesen Gedanken nicht denken könntest? Wer wärst Du dann?»
Sie versetzte sich zurück in die Situation, doch nun ohne den Gedanken. Ihre Augen waren geschlossen. Das Gesicht war entspannt. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. Sie antwortete: «Ich habe mir das noch niemals überlegt. Es ist so neu. Es fühlt sich eigenartig an. Es ist so «problemlos» (und sie musste lachen!). Ich würde mich irgendwie gar nicht wie «ich selber» fühlen. So undefiniert würde ich mich fühlen.»
Ich sagte: «Ja, nicht wahr? Ohne Deinen Gedanken, bist Du plötzlich so definitionslos. Und wie fühlt es sich an, so definitionslos mit Deinem Partner zusammen zu sein und er macht sich auf zum Golf?»
Sie schüttelte ständig leicht den Kopf und war ganz versunken in diesem neuen Zustand. Sie fand beinah keine Worte für ihre Empfindung. Doch schlussendlich sagte sie: «Ich würde plötzlich sehen können, wie er sich freut.» Und das rührte sie zu Tränen (…mich auch).
Ich liess ihr noch ein wenig Zeit, um diese neue Erfahrung richtig in sich aufzunehmen. Dann schritt ich fort und fragte sie nach einer Umkehrung.
«Was wäre eine mögliche Umkehrung Deines Ursprungsgedankens?» (Umkehrung)
«Er schenkt Golf nicht mehr Aufmerksamkeit als mir.»
Ich sagte: «Gut. Schau mal, ob das vielleicht auch wahr sein könnte. Frage Dich selber: könnte das auch wahr sein? Vielleicht grad so wahr, wie Dein Ursprungsgedanke? Oder vielleicht sogar noch wahrer?»
Sie konnte dies direkt bestätigen. Ihre Worte waren: «Das ist absolut so. Er macht am Sonntag immer ein ausladendes Frühstück und holt mich Langschläfer dann erst aus dem Bett. Mein aufwändiges Müsli steht sonntags jeweils bereits gemacht an meinem Platz. Er nimmt sich Zeit für unser Sonntagsfrühstück und geht erst dann zum Golf. Des Weiteren ist er zum Abendessen immer pünktlich wieder zu Hause und kümmert sich um eine gute Flasche Wein aus dem Keller.»
Meine Klientin schüttelte den Kopf und meinte: «Du meine Güte. Wie konnte ich das so völlig ignorieren?! Es ist, als käme es erst jetzt zum Vorschein.»
Und ja, so ist das manchmal. Wir können manchmal nicht alles sehen, was da ist. Darum machen wir «The Work». Wir stellen vier Fragen und drehen unseren Leitgedanken um.
Ich fragte die Klientin, ob sie noch eine andere Umdrehung sehen könne.
«Ich schenke Golf mehr Aufmerksamkeit als ihm.»
Ich brauchte gar nichts weiter zu sagen. Die Klientin machte das alles von alleine. Sie sagte: «Das kann ich sehen. Ich bin völlig fixiert auf das Golfspielen. Ich sehe nicht, dass er das Frühstück macht. Ich sehe nicht, wie er mich ausschlafen lässt. Ich interessiere mich nicht einmal für seine Befindlichkeit, sondern bin lediglich auf mein Leid fokussiert. Es geht den ganzen Sonntag um mich und mein Leid (=Golf). Beinahe übersehe ich, dass er überhaupt da ist.»
Dann lässt sie das Gesagte wirken. Ich bitte sie, dem allen etwas Raum und Zeit zu geben. Erst dann gehen wir weiter.
Sie kommt noch auf eine weitere Umkehrung:
«Ich schenke Golf mehr Aufmerksamkeit als mir.»
Dazu hat sie Folgendes zu sagen: «Die gesamten Sonntage stehe ich vom Aufwachen bis zum Einschlafen auf dem Golfplatz. Ich beginne bereits zu leiden, wenn ich noch im Bett liege. Das Frühstück geht an mir vorbei, weil ich in Gedanken beim Golf bin. Die Zeit, ohne meinen Mann zu Hause, verbringe ich in Trübsal, weil ich innerlich auf dem Golfplatz stehe. Und wenn er wieder da ist, bin ich noch immer nicht wieder zurück vom Golfplatz, weil ich mich noch immer im Stich gelassen fühle.
Die gesamten Sonntage gehen an mir vorbei, weil ich beim Golf bin. Ich schenke Golf mehr Aufmerksamkeit als mir. Das ist so wahr. Wie gut würde es mir tun, wenn ich die Gegenwart meines Partners wahrnehmen würde, wie nährend wäre es. Und wie sehr könnte ich die Zeit seiner Abwesenheit für mein eigenes Hobby, das Gärtnern, nutzen. Ich will nämlich nicht Golf spielen, müssen Sie wissen. Er hat es ja x Mal versucht, mich zum Golfen zu begeistern.»
Die Klientin ging als andere Frau nach Hause als sie gekommen war. Sie ging mit einem ganz anderen Gefühl für ihren Partner nach Hause. Ebenso hatte sich ihr Gefühl für die Sonntage verändert. Sie sagte beim Hinausgehen: «Ich kann es gar nicht erwarten, dass es Sonntag wird.»
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Schlusswort
Wenn wir uns einlassen auf den Schmerz, wissen wir nicht wo die Reise hingeht. Das Geheimnis ist, dass wir offen sind für das, was sich uns zeigen will. Daher ist jegliche Zielvorstellung oder Absichtserklärung nur störend. Worauf wir uns verlassen können ist, dass wir Kontakt aufnehmen mit unserer inneren Weisheit, die in uns schlummert und uns jederzeit zur Verfügung steht.
Es ist immer wieder berührend und verblüffend, was diese vier simplen Fragen in uns bewirken können. Sie können uns Zugang zu anderen Gedanken verschaffen. Und somit zu anderen Gefühlen. Und wie wir anfangs gesagt haben, beeinflusst das, wer wir sind.
Womit haben Sie zu kämpfen? Was steht Ihnen in ihrem Leben im Weg?
- Haben Sie auch einen Partner, der zu oft seinem Hobby nachgeht und Sie vernachlässigt?
- Sind es zur Zeit die Herausforderungen die mit den Corona-Massnahmen zu tun haben?
- Machen Sie sich Sorgen über die Zukunft?
- Haben Sie Angst, zu sterben?
- Finden Sie sich selber zu dick?
- Gibt es Konflikte in Ihrer Familie, die Sie beschäftigen?
- Haben Sie Erinnerungen aus der Kindheit, die noch immer weh tun?
- Wo drückt bei Ihnen der Schuh?
Wenn Sie «The Work» selbst einmal mit mir ausprobieren wollen, dann lade ich Sie herzlich ein zum Seminar in München am 2./3.7.2021. Nähere Informationen finden Sie hier.
Wenn Sie möchten, dann schauen Sie sich zudem meine Website an oder die Seite von Byron Katie selbst.